Synonyms: Hernia inguinalis
Das Wort Leistenbruch oder Leistenhernie haben wir persönlich zu einem der Unwörter 2020 gekürt.
Finn kam direkt mit einem Leistenbruch auf die Welt. Das alleine hat uns schon ziemlich zugesetzt, weil so ein kleiner Zwerg – ein Frühchen, das 10 Wochen vor dem ET auf die Welt kam – ohnehin schon mit so vielen Dingen zu kämpfen hat.
Die Oberärztin sagte uns, dass der Leistenbruch operiert werden müsste, aber erst, wenn Finn das Minimalgewicht von 2.000g erreicht hat. Das hat mit der Narkose zu tun – die Operation wird ja unter Vollnarkose durchgeführt und der Anästhesist muss das Narkosemittel entsprechend dosieren. Unter 2.000g ist es zwar möglich, das Frühchen zu operieren, die Risiken sind aber um ein Vielfaches höher und sehr belastend für den kleinen Organismus und das Herz.
Bei einem Leistenbruch reißt Gewebe im Leistenkanal. Bei Erwachsenen weiß man ja, daß das durch übermäßige Belastung passieren kann, z.B. wenn man etwas Schweres schiebt oder ruckartig etwas Schweres anhebt. Da kann es zum Leistenbruch kommen. Größtenteils sind Männer von Leistenbrüchen betroffen, bei Frauen kommt das hingegen sehr selten vor.
Bei Neugeborenen – und besonders bei Frühchen – passiert so ein Leistenbruch aber um ein Vielfaches häufiger, ganz einfach weil das Gewebe noch nicht stark genug ist, um verschiedenen Einflüssen standzuhalten. Solche Einflüsse sind z.B. husten, schreien oder drücken, wie es kurz vor der Windelexplosion nicht gerade selten vorkommt.
Und da Frühchen doch relativ viel schreien und Babys relativ viel drücken, reißt dieses sehr zarte und dünne Gewebe ziemlich schnell.
Wie kann man bei einem Baby einen Leistenbruch erkennen? Also besonders daheim als Eltern?
Achtet beim Wickeln auf die Bauchdecke in der Leistengegend. Die Bauchdecke ist an dieser Stelle relativ dünn. Wenn das Bauchfell hier bricht, können Blut und Teile vom Dünndarm (Darmschlinge) nach unten rutschen und eine deutlich sichtbare Beule verursachen.
Man kann – wenn einem das mal gezeigt wurde und wenn man sich das zutraut – versuchen, SEHR vorsichtig diese Beule wieder zurück zu drücken, wir haben das aber nie selbst gemacht. Die große Gefahr ist, dass die Bauchfellöffnung zu klein ist und die Darmschlinge einklemmt, sodass diese nicht von alleine zurückgehen kann. Dann kann im schlimmsten Fall ein Teil vom Darm nicht mehr durchblutet werden und absterben. Das kann lebensbedrohlich sein.
Darum sucht bitte sofort, wenn Ihr mal bei Eurem Zwerg eine Beule sehen oder ertasten solltet, einen Arzt auf oder fahrt in Notaufnahme.
Bei Finn war die Öffnung Gottseidank groß genug, sodass diese Beule von den Schwestern auf der Frühchenstation immer wieder zurückgedrückt werden konnte. Finn hatte offensichtlich keine Schmerzen bzw. Beschwerden und deshalb hat man mit der Operation tatsächlich noch ein paar Wochen warten können, bis er das „sicherere“ Körpergewicht von 2.000g erreicht hatte.
Mittlerweile haben wir den Worst Case erreicht und hinter uns, was Leistenbrüche angeht: Sowohl Finn als auch Mats haben jeweils beide Leisten gebrochen und wurden auch schon operiert. Insgesamt also 4x Operation und 4x Vollnarkose – und das bei zwei sehr zarten Frühchen. Ihr könnt Euch vorstellen, wie blank unsere Nerven lagen. Die Operationen sind jedoch tatsächlich „daily business“ und vergleichsweise kleine Eingriffe. Beide Zwerge haben alles sehr gut überstanden und die Narben sind so klein, dass man sie jetzt schon nicht mehr sieht!
Wichtige Information:
Die medizinischen Einträge in unserem Glossar bzw. „Wörterbuch für angehende Eltern“ stellen unsere Erfahrungen dar. Wir erzählen, wie es bei uns war und was bei Mats und Finn diesbezüglich gemacht wurde. Keiner unserer Einträge beansprucht für sich, vollständig oder medizinisch und fachlich fehlerlos recherchiert zu sein. Bitte bei Zweifeln oder Unsicherheit immer sofort Euren Kinderarzt zu Rate ziehen!