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Ich werde Papa!

zwillingspapa

Also um ehrlich zu sein habe ich mir den Moment – diesen einen, magischen Moment – in dem man erfährt, dass man Vater wird, immer sehr besonders vorgestellt.
Sehr gross, fast schon episch und mit einem lauten Tusch, sodass es im Umkreis von 100 km quasi automatisch jeder mitbekommt. Man kennt so etwas ja aus diversen Kinofilmen oder TV-Serien und irgendwie denkt man, dass man „darauf“ vorbereitet ist – für den Fall, dass der eigene Moment irgendwann einmal ebenso episch, unverhofft und überraschend daherkommt.

In Wahrheit war der Augenblick, als ich es erfahren habe, viel grösser, viel epischer und mit viel mehr Tusch, als ich mir das hätte vorstellen können – jedenfalls habe ich das so in Erinnerung. Und je mehr ich darüber nachdenke, desto größer und aufregender war dieser Moment tatsächlich. Es war einer dieser Meilensteine im Leben…

Aber zurück zum Anfang.
Wir saßen auf der Terrasse – gemütlich in unsere Gartensessel gelümmelt und mit einem kalten Getränk in der Hand. Tolles Wetter, tolle Frau, tolle Hunde – alles super. Luke und Lily lagen im Gras und genossen den leichten Wind. Sandra und ich unterhielten uns über Gott und die Welt. Übrigens eine der vielen wunderbaren Eigenschaften unserer Beziehung: Wir sind quasi 24/7 zusammen und haben dennoch immer etwas, worüber wir uns unterhalten können. Es wird nicht langweilig, es wiederholt sich nichts, es bleibt nie still.

Plötzlich greift Sandra neben sich auf den Stuhl, holt ein kleines Geschenk und einen Umschlag hervor und legt beides vor mich hin. Blitzschnell überschlugen sich die Synapsen in meinem Hirn und ich versuchte krampfhaft und in Bruchteilen einer Sekunde herauszufinden, welchen besonderen Tag ich vergessen haben könnte. Aber eigentlich war da „heute“ nichts Wichtiges oder Besonderes. Hmm… sie sah mich an, lächelte und sagte „mach zuerst den Umschlag auf“.

Ich dachte, dass es mit unserem Kurzurlaub zu tun haben könnte – wir hatten ja vor, ein paar Tage weg zu fahren. Vielleicht ein Gutschein für eine Massage im Hotel oder Musical-Karten oder so etwas in der Richtung? Ich nahm also den Umschlag und öffnete ihn. Darin war ein „Glückslos“ – eine Karte, auf der ein Rubbelfeld war und die Worte „für einen ganz besonderen Menschen!“ geschrieben waren.
Das war schon mal echt süß und rührend. Sandra beobachtete mich gespannt. Ich nahm einen spitzen Gegenstand vom Tisch und begann, das Rubbelfeld freizulegen. Es dauerte etwas – was aber weniger damit zu tun hatte, dass ich den Moment in die Länge ziehen wollte, sondern eher damit, dass ich mich einfach ungeschickt anstellte…

So langsam legte ich die ersten Buchstaben frei, das erste komplette Wort erschien. „Du“… und da ich etwas schräg losgerubbelt hatte, kamen als nächstes die Buchstaben „V“… „a“… „t“… – und irgendwie ist zu diesem Zeitpunkt in meinem Gehirn irgendwas implodiert. Den kleinen Knall habe bestimmt nur ich gehört und irgendwie auch gespürt, aber er war hundertprozentig da. Ich rubbelte weiter – halb ungläubig, halb starr vor Überforderung und unfassbar neugierig, was jetzt da gerade passieren würde. Ich versuchte, das Unmögliche erklärbar zu machen – „Vater“ konnte dieses Wort nicht heißen, das konnte doch gar nicht sein… Nicht jetzt, nicht „einfach so“ und „urplötzlich, ohne dass ICH das vorhergesehen hatte“. Aber was wäre die Alternative? Welches einigermaßen sinnvolle Wort gibt es noch, das mit „VAT“ anfängt? Vielleicht „VATikan“ – also eine Überraschungsreise nach Rom? Oder „VATtenfall“ – also ein Anbieterwechsel zu einem neuen Stromlieferanten“? Aber würde ein Stromlieferantenwechsel tatsächlich eine Rubbelkarte „für einen ganz besonderen Menschen“ rechtfertigen?
Im Nachhinein erstaunlich, was für bescheuerte Gedankengänge einem durch’s Gehirn schießen, wenn man kopflos ist und händeringend versucht, gerade eine Situation zu verstehen bzw. einordnen zu können und be-greifbar zu machen.

Und während meine Synapsen weiterhin Polka tanzten und wild durcheinander funkten, rubbelte ich wie ferngesteuert weiter und hatte nun den ganzen Satz – das ganze Ausmaß – vor mir freigelegt…

DU! WIRST! VATER!

Vater? Ich? Konnte das wirklich wahr sein? Konnte unser größter Wunsch plötzlich doch wahr werden? Würde unser schmerzhaftes Erlebnis und die schlimmen Erfahrungen vom Vorjahr, das uns noch immer mehr als präsent in den Knochen hing, nun letztendlich doch in eine positive Zukunft führen?
Mir gingen gefühlt Tausend verschiedene Gedanken durch den Kopf – alles in Lichtgeschwindigkeit, alles durcheinander und völlig diffus.
Ich blickte endlich von der Karte hoch und hinüber zu Sandra und sah in ihren Augen Tränen funkeln… und genau diese Tränen und dieser unsagbar glückliche Gesichtsausdruck machten mir schlagartig klar, dass das hier wirklich passierte. Dass das hier real, wahr war und es tatsächlich stimmte: ICH WERDE VATER!

Unfassbar – fast unmerklich schlichen sich auch bei mir Tränen in die Augen und ich konnte nichts sagen. So ein leises, hilfloses Schluchzen krabbelte in mir hoch und wir sahen uns für ein paar Sekunden nur an… Wie ferngesteuert nahm ich mir das Geschenk, das daneben lag und packte es aus – immer wieder suchte ich den Blickkontakt mit Sandra, die gespannt alles verfolgte.
Es kam ein kleines Federmäppchen, ein „Schlampermapperl“ zum Vorschein – ich dachte, es wäre für meine Fortbildung, die Trainerausbildung zum Certified Multimedia Designer, die ich jetzt machte. Eine süße Idee. Ich machte das Mäppchen auf und fand darin keine Stifte, sondern drei Schwangerschaftstests. Ja, genau – Ihr habt richtig gelesen: DREI Tests, alle „positiv“ und „+“ und „Doppelstrich“. Da konnte es wohl jemand genauso wenig glauben, wie ich. Nicht nur doppelt genäht, sondern dreifach. Ach, wir sind uns SO ähnlich…

Endlich kehrte wieder etwas Kraft in meine Beine zurück und der Nebel in meinem Gehirn verzog sich, so konnte ich aufstehen und zu Sandra hinübergehen. Ich nahm sie wortlos in die Arme, spürte ihre Nähe so intensiv wie nie zuvor und hatte das Gefühl, dass gerade jetzt – genau hier – gerade die tollste Familie der Welt enstehen würde. Wir sahen uns tief in die Augen und liessen unseren Tränen erstmal freien Lauf. Und als wir dann beide irgendwann wieder Worte fanden, sprudelte es nur so aus uns heraus. Ich wollte natürlich ganz genau wissen, seit wann mein Schatz das zuerst vermutete und dann Dank der vielen Tests auch wusste. Ich wollte wissen, wie sie sich dabei fühlte, wie sie die letzten Tage überhaupt mit SO einer Info im Gepäck überstanden hatte. Ich konnte plötzlich verstehen, weshalb sie zwei Tage zuvor im 4D-Kino die Intensität der Rüttelsitze immer wieder auf 0 stellte, nachdem ich sie spaßeshalber wieder hochgedreht hatte. Ich verstand plötzlich, weshalb einige Lebensmittel plötzlich nicht mehr „so lecker“ waren und warum auf einmal nur ich abends ein Gläschen Wein trank und nicht wir beide… Ich wollte einfach nur wissen, ob das denn wirklich sein konnte.


Diese Skepsis richtete sich nicht gegen Sandra oder gegen uns als Paar, sondern rührte einfach von unserer sehr traurigen Vorgeschichte her. Wir waren schon einmal in einer sehr schönen, sehr besonderen Vorfreude und wir haben schon einmal ein paar Wochen genießen dürfen, die voll waren mit Babythemen, ersten Vorbereitungen und nie zuvor erlebter Freude auf die Zukunft. Diese Freude wurde damals wenige Wochen später jäh zerstört. Wie durch einen Urknall, der aus dem Nichts kam, wurden wir ins Hier und Jetzt zurück katapultiert. Ohne Vorwarnung, ohne Vorahnung. Ohne darauf vorbereitet zu sein. Wir fielen tief und blieben liegen, aber wir haben es zusammen wieder geschafft.
All diese Eindrücke, diese Erinnerungen, diese schlimmen Erlebnisse, die wohl nur Eltern nachvollziehen können, die so etwas schon mal erleben mussten, kamen sofort wieder zurück. Der ersten Freude und den Bildern, die sofort im Kopf erschienen, standen sofort recht dunkle Wolken zur Seite, die alles überschatteten. Wir fühlten das beide – wir wussten beide instinktiv, was in dem anderen genau jetzt in diesem Moment für ein Gefühlschaos stattfinden würde. Wir hielten uns noch fester im Arm und liessen uns nicht mehr los.

Und irgendwie verloren wir diesmal gar keine großen Worte über das „was ist, wenn…“ oder das „was machen wir, falls…“, sondern fällten just in diesem großen, epischen Tusch-Moment die Entscheidung, uns auf dieses Abenteuer einzulassen. Ohne Wenn und Aber. Ohne Angst. Wir entschieden uns für Zuversicht, Freude, Stärke und Vertrauen. Jeder für sich, und gleichzeitig beide füreinander.

Wir machten uns also genau an diesem Tag gemeinsam auf den Weg zu einer Reise, die unser Leben für immer verändern würde. Natürlich hat das bereits mit der Entscheidung begonnen, zusammen ein Kind haben zu wollen – aber nun waren wir einen Riesenschritt weiter. Wie hatten nicht nur das Ticket in der Hand, sondern stiegen auch ganz bewusst in den Zug ein und fuhren los. Ohne zu wissen, wieviele Zwischen-Stopps es geben würde, ohne zu ahnen, wohin und ohne abschätzen zu können, was unterwegs alles passieren würde.
Und wisst Ihr was? Es war die tollste, beste und erleichterndste Entscheidung ever.


Wie war Euer großer Moment, wie habt Ihr ihn erlebt?
Erzählt mir gerne davon und lasst mich bzw. uns daran teilhaben – diese Magie ist fantastisch und ich denke, daran werden wir uns ein Leben lang erinnern!


Liebe Grüße,
Euer Chris

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